3-Sided-Football: 3 Teams, 3 Tore, 1 Chaos?

Sonntag, 24. März, 14:30 im Wiener Prater. Die Frühlingssonne scheint auf die gut besuchte Jesuitenwiese. 18 hochmotivierte Leute aus der Wilden Liga Wien sind zusammengekommen. Perfekte Bedingungen, um etwas Neues auszuprobieren: 3-Sided-Football. Auf Deutsch: Dreiseitiger Fußball oder Dreiseitenfußball. Der Name bezieht sich nicht auf den Ball, der ist weiterhin rund. Es geht um das Spiel als Ganzes. Nicht zwei Tore stehen auf dem Platz, sondern drei. Nicht zwei Teams spielen gegeneinander, sondern drei. Schwer vorzustellen? Ja. Noch schwerer umzusetzen? Schaumamal.

Kicker*innen der Wilden Liga Wien auf der Jesuitenwiese

Hintergrund

3-Sided-Football wurde von Asger Jorn erdacht. Er war Teil der Situationistischen Internationale – einer Gruppe von linken Künstler*innen und Intellektuellen, die vor allem in den 1960er-Jahren aktiv war und unter anderem den Satz „Unter dem Pflaster liegt der Strand“ (Sous les pavés, la plage) prägte. Der 3-Sided-Football war Jorns Versuch, sein philosophisches System der Triolektik praktisch anzuwenden und damit das marxistische Konzept der Dialektik zu dekonstruieren. Der Triolektik zufolge gibt es nicht zwei, sondern drei gegensätzliche Positionen, von denen sich auch zwei temporär zu Lasten der Dritten zusammenschließen können. Soviel zum theoretischen Hintergrund des Ganzen.

Was zählt, sind die Gegentore

Der 3-Sided-Football wird nach Jorns Konzept auf einem sechseckigen Feld ausgetragen. Ah, ja. Versucht einmal, ein sechseckiges Feld abzustecken! Schwierigkeitsgrad: anspruchsvoll. Nachdem wir diese erste Aufgabe gemeinschaftlich gelöst hatten, stand auch schon die nächste vermeintliche Hürde im Raum: Laut Jorn werden, anders als beim konventionellen Fußball, nicht die geschossenen, sondern die ins eigene Tor gelassenen Bälle gezählt. Es gewinnt also jene Mannschaft, die am wenigsten Tore kassiert. Aber wer zählt denn die Tore, wenn es, wie bei uns, keine/n Schiedsrichter*in gibt? Jedes Team für sich, war die Antwort. Auf Vertrauensbasis…

So sollte das Spielfeld im Optimalfall ausschauen. Unsere Umsetzung: eine Annäherung

„Complete Confusion“?

Die Erwartungen vor dem Spiel waren unterschiedlich: Der absolute Laie Robert (Name leicht abgeändert) erhoffte sich „ein lehrreiches Kennenlernen einer neuen Situation“. Ja eh, schön gesagt. Dem erfahrenen Gottl reichten, wie einem anderen im Vorfeld interviewten Laien, zwei Wörter, um die persönlichen Erwartungen zusammenzufassen: „Komplettes Chaos“ sagte der eine, „Complete Confusion“ der andere. Letzterer fragte sich außerdem, ob man wohl den Spielstand im Kopf behalten wird? Und ob man überhaupt noch checken wird, wo das eigene Tor steht? Wie sich herausstellen sollte: Alles kein Problem. Nur eine Frage war noch zu klären: Wer wirft eigentlich ein, wenn der Ball ins Aus befördert wird? Nach und nach konnten wir aber auch hierfür eine annehmbare Handhabe entwickeln.

Brüchige Allianzen

Unmittelbar nach dem zufällig gestalteten Ankick konnte man erkennen: Die drei Teams versuchten es mit unterschiedlichen Taktiken. Das bunte Team versuchte, sich möglichst aus dem Spielgeschehen herauszuhalten, was eine Zeit lang gutging (dann aber nicht mehr). Team Pink hingegen setzte auf Angriff, wurde dafür aber umgehend und mehrfach bestraft. Team Orange wollte sich gleich zu Beginn mit Team Bunt verbünden, was sich schneller als gedacht als unvernünftig herausstellen sollte. Denn schon bald konnten aus diesem Probelauf zwei Lehren gezogen werden: Erstens bedarf es einer guten Mischung aus Angriff und Verteidigung. Und zweitens: Allianzen sind im 3-Sided-Football extrem brüchig. Manchmal halten sie nicht einmal einen Spielzug lang. Vertrauen in Spieler*innen eines anderen Teams zu setzen, ist deshalb in den allermeisten Fällen unangebracht.

Das Ergebnis: 7:9:10

Die wichtigste Lehre des Tages war aber: Dreiseitig Fußball zu spielen, macht Spaß! Das konnte man auch daran erkennen, dass der dreistündige Kick nur für zwei kurze Trinkpausen samt (im Uhrzeigersinn durchgeführten) Seitenwechseln unterbrochen wurde. Am Ende hieß es dann: 7 Gegentore für Orange, 9 für Pink und 10 für Bunt. So zirka jedenfalls. Und Laie Robert fasste zusammen: „Die Stimmung ist großartig. Es ist viel besser gelaufen als erwartet“. Deshalb steht fest: Es wird sicher nicht der letzte dreiseitige Kick gewesen sein. Stay tuned!